Kontokorrentkredit
Der Kontokorrentkredit, auch Dispositionskredit oder kurz "Dispo" genannt, stellt eine besonders flexible Form der kurzfristigen Kreditgewährung dar. Das Besondere an dieser Kreditform ist, dass die Bank ihrem Kunden erlaubt, sein Girokonto bis zu einem vorher vereinbarten Betrag zu überziehen. Der Name leitet sich vom italienischen "conto corrente" ab, was so viel wie "laufendes Konto" bedeutet und bereits auf den charakteristischen fortlaufenden Charakter dieser Kreditform hinweist.
Funktionsweise und Merkmale
Die Besonderheit des Kontokorrentkredits liegt in seiner außerordentlichen Flexibilität. Anders als bei einem klassischen Ratenkredit kann der Kreditnehmer die eingeräumte Kreditlinie nach Belieben in Anspruch nehmen und zurückführen. Jede Gutschrift auf dem Konto führt automatisch zu einer Reduzierung der Kreditinanspruchnahme, während jede Abbuchung bei negativem Kontostand die Kreditsumme erhöht. Diese Dynamik macht den Kontokorrentkredit zu einem idealen Instrument für die Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe.
Kosten und Zinsen
Die Zinsen für einen Kontokorrentkredit werden nur auf den tatsächlich in Anspruch genommenen Kreditbetrag berechnet, und das auch nur für die Tage der tatsächlichen Nutzung. Die Zinsberechnung erfolgt dabei üblicherweise vierteljährlich. Allerdings liegen die Zinssätze für Kontokorrentkredite deutlich über denen anderer Kreditformen, was ihrer hohen Flexibilität und dem erhöhten Risiko für die Bank geschuldet ist. Die genaue Höhe der Zinsen hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der Bonität des Kreditnehmers und der allgemeinen Marktsituation.
Bedeutung für Unternehmen
Für Unternehmen spielt der Kontokorrentkredit eine zentrale Rolle in der kurzfristigen Finanzierung. Er dient hauptsächlich der Überbrückung temporärer Liquiditätsengpässe, die etwa durch zeitliche Differenzen zwischen Zahlungsein- und -ausgängen entstehen können. Besonders im Rahmen der Betriebsmittelfinanzierung ist der Kontokorrentkredit ein unverzichtbares Instrument. Die Höhe der eingeräumten Kreditlinie orientiert sich dabei meist an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Eigenkapital und der allgemeinen Geschäftsentwicklung.
Vor- und Nachteile für Privatpersonen
Für Privatpersonen bietet der Kontokorrentkredit den großen Vorteil, spontan und ohne weitere Formalitäten auf zusätzliche finanzielle Mittel zugreifen zu können. Dies kann besonders bei unerwarteten Ausgaben oder kurzfristigen finanziellen Engpässen hilfreich sein. Die hohen Zinsen machen ihn jedoch für längerfristige Finanzierungen ungeeignet. In solchen Fällen empfiehlt sich die Umschuldung in einen regulären Ratenkredit, der deutlich günstigere Konditionen bietet.
Risikomanagement
Banken führen vor der Einräumung eines Kontokorrentkredits eine sorgfältige Bonitätsprüfung durch. Bei Privatpersonen werden dabei insbesondere das regelmäßige Einkommen, die bisherige Kontoführung und eventuell vorhandene weitere Kredite berücksichtigt. Bei Unternehmen spielen zusätzlich Faktoren wie Jahresabschlüsse, Geschäftsentwicklung und Branchensituation eine wichtige Rolle. Die Bank behält sich üblicherweise das Recht vor, die eingeräumte Kreditlinie bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Kreditnehmers anzupassen oder zu kündigen.
Rechtliche Grundlagen
Die rechtliche Basis für den Kontokorrentkredit bildet in Deutschland § 355 des Handelsgesetzbuchs (HGB), der die grundlegenden Regelungen für Kontokorrentverhältnisse festlegt. Dabei handelt es sich rechtlich gesehen um einen Rahmenkredit, bei dem die Bank dem Kunden eine bestimmte Kreditlinie zur Verfügung stellt. Die konkrete Ausgestaltung wird im Girovertrag zwischen Bank und Kunde geregelt, wobei die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über Verbraucherdarlehen, insbesondere §§ 491 ff. BGB, zu beachten sind.
Alternativen
Wer regelmäßig einen Kontokorrentkredit in Anspruch nimmt, sollte prüfen, ob alternative Finanzierungsformen günstiger wären. Für Privatpersonen kann dies ein persönlicher Ratenkredit sein, für Unternehmen kommen je nach Verwendungszweck verschiedene andere Finanzierungsinstrumente wie Lieferantenkredite oder Factoring in Frage. Eine regelmäßige Überprüfung der Konditionen und gegebenenfalls Verhandlungen mit der Bank können zudem helfen, die Kosten zu optimieren.