Abschreibung
Abschreibungen stellen im betrieblichen Rechnungswesen die periodisierte Erfassung der Wertminderung von Vermögensgegenständen dar. Nach § 253 HGB dienen sie der bilanziellen Berücksichtigung des nutzungsbedingten Wertverzehrs sowie der technischen und wirtschaftlichen Alterung von Anlagevermögen. Im weiteren Sinne erfüllen Abschreibungen auch eine Finanzierungsfunktion, indem sie zur systematischen Rückgewinnung des eingesetzten Kapitals beitragen.
Rechtliche Grundlagen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Abschreibungen ergeben sich primär aus dem Handelsgesetzbuch (§§ 253, 255 HGB) und dem Einkommensteuergesetz (§ 7 EStG). Während das Handelsrecht nach dem Prinzip der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung größere Spielräume lässt, gibt das Steuerrecht detaillierte Vorschriften für die Abschreibungsmethoden und -sätze vor. Diese unterschiedlichen Ansätze können zu Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz führen.
Unterschiedliche Abschreibungen
Abschreibungen lassen sich nach verschiedenen Kriterien systematisieren:
Planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen
Planmäßige Abschreibungen erfolgen systematisch über die Nutzungsdauer des Vermögensgegenstands und basieren auf einem vorab festgelegten Plan. Außerplanmäßige Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 S. 3 HGB sind hingegen bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung vorzunehmen.
Lineare Abschreibung
Die lineare Abschreibung stellt die gebräuchlichste Abschreibungsmethode dar. Sie zeichnet sich durch gleichbleibende jährliche Abschreibungsbeträge aus, die sich aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich eines eventuellen Restwerts, dividiert durch die Nutzungsdauer, ergeben. Diese Methode entspricht dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Periodenbelastung und ist nach § 7 Abs. 1 EStG die steuerliche Regelabschreibung.
Degressive Abschreibung
Bei der degressiven Abschreibung nehmen die Abschreibungsbeträge im Zeitablauf kontinuierlich ab. Die geometrisch-degressive Variante verwendet einen konstanten Prozentsatz auf den jeweiligen Restbuchwert, während die arithmetisch-degressive Form die Abschreibungsbeträge um einen konstanten absoluten Betrag reduziert. Nach § 7 Abs. 2 EStG ist der maximale degressive Abschreibungssatz auf das 2,5-fache des linearen Satzes, höchstens jedoch 25%, begrenzt.
Leistungsabhängige Abschreibung
Diese Methode orientiert sich am tatsächlichen Verbrauch oder der Leistungsabgabe des Vermögensgegenstands. Sie findet insbesondere bei Maschinen und Anlagen Anwendung, deren Wertverzehr primär von der Nutzungsintensität abhängt.
Bemessungsrundlagen und Nutzungsdauer
Die Bemessungsgrundlage für Abschreibungen bilden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach §§ 253, 255 HGB. Die Nutzungsdauer muss nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geschätzt werden, wobei die AfA-Tabellen des Bundesfinanzministeriums eine wichtige Orientierungshilfe bieten.
Bilanzielle Darstellung
Die Abschreibungen werden in der Bilanz entweder direkt von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgesetzt oder in einem gesonderten Korrekturposten ausgewiesen. Nach § 268 Abs. 2 HGB sind die kumulierten Abschreibungen im Anlagenspiegel oder Anhang darzustellen.
Betriebswirtschaftliche Funktionen
Abschreibungen erfüllen mehrere betriebswirtschaftliche Funktionen:
- Substanzerhaltung durch systematische Kapitalrückgewinnung
- Verteilung der Investitionsausgaben auf die Nutzungsperioden
- Grundlage für die Kostenrechnung und Preiskalkulation
- Instrument der Selbstfinanzierung durch Liquiditätseffekte
Bedeutung für die Kostenrechnung
In der Kostenrechnung werden kalkulatorische Abschreibungen verwendet, die vom handels- und steuerrechtlichen Wertansatz abweichen können. Sie sollen den tatsächlichen Werteverzehr periodengerecht abbilden und dienen als Grundlage für die Preiskalkulation.
Bilanzpolitische Aspekte
Abschreibungen bieten verschiedene bilanzpolitische Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere durch:
- Wahl der Abschreibungsmethode
- Festlegung der Nutzungsdauer
- Schätzung von Restwerten
- Beurteilung der Notwendigkeit außerplanmäßiger Abschreibungen
Dokumentation und Nachweispflichten
Die gewählten Abschreibungsmethoden und -parameter müssen nach den GoB nachvollziehbar dokumentiert werden. Dies erfolgt typischerweise in der Anlagenbuchhaltung durch detaillierte Abschreibungspläne, die regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen sind.